DE | EN | FR |

Bio Fairtrade Kakao von dominikanischen Kleinbauern – YACAO und FUNDOPO

Jan 23, 2023

Seit 1999 beliefert uns unsere Tochtergesellschaft YACAO mit fair gehandelten Bio-Kakaobohnen aus der Dominikanischen Republik. Die Bohnen stammen fast ausschliesslich von der FUNDOPO Kleinbauernorganisation, bei deren Gründung vor über 20 Jahren PRONATEC und YACAO mitbeteiligt waren. Im Interview erklären die beiden Geschäftsführer Kilian Moser (YACAO) und Wilder Nahui (FUNDOPO), wie ihre Zusammenarbeit aussieht und was sie aktuell beschäftigt.

Interview Kilian Wilder

Die direkte Beschaffung bei Kleinbäuerinnen und Kleinbauern ist seit vielen Jahren Teil unserer DNA. Über YACAO binden wir über 3000 Kleinbäuerinnen und Kleinbauern der Fundación Dominicana de Productores Orgánicos (FUNDOPO) in unsere Wertschöpfungskette ein.

Bio Fairtrade Kakao – warum wurden YACAO und FUNDOPO gegründet?

Kilian: PRONATEC gründete mit YACAO eine lokale Tochtergesellschaft, um direkt vor Ort präsent zu sein. Aktuell kümmern sich rund 80 Mitarbeitende und etwa 70 Saisonarbeitskräfte tagtäglich um Einkauf, Kontrolle, Fermentation, Trocknung und Verschiffung der Kakaobohnen.

Wilder: Der Aufbau einer unabhängigen Kleinbauernorganisation war erforderlich, um die Fairtrade Zertifizierung überhaupt zu erhalten. PRONATEC leistete wertvolle Geburtshilfe bei der Gründung von FUNDOPO und unterstützte die damals 84 Kleinbauernfamilien bei der Bio und Fairtrade Zertifizierung. Heute zählen wir über 3000 Mitglieder.

Wie arbeiten YACAO und FUNDOPO zusammen?

Kilian: YACAO kontrolliert die Qualität der Bohnen, stellt die Finanzierung des Einkaufs sicher, fermentiert, trocknet und verschifft den Kakao. Alles, was den Kakaoanbau sowie Einsatz der Prämiengelder betrifft, liegt bei FUNDOPO. Die Zusammenarbeit ist sehr eng. Als Kleinbauernorganisation funktioniert FUNDOPO aber eigenständig und nach demokratischen Grundsätzen.

Bio Kakaobohnen fermentieren   Qualitätskontrolle der Bio Kakaobohnen

Wilder: Für mich ist es eine perfekte Symbiose. Ich bin bereits seit 15 Jahren dabei – 2007 noch bei YACAO mit damals rund 700 Kleinbauern, seit 2020 dann bei FUNDOPO. Ich kenne beide Seiten, was ein grosser Vorteil ist. Die Geschäftsleitung von FUNDOPO sieht das Ziel ihrer täglichen Arbeit in der bestmöglichen Unterstützung der Mitglieder und deren Familien. Ihre Gesundheit, ihr Wohlergehen stehen an erster Stelle.

Welchen Fokus setzt ihr fürs 2023?

Wilder: FUNDOPO möchte noch stärker in den Regionen präsent sein, um die Kakao-Kleinbauern dort zu unterstützen. Wir möchten mehr Fläche für unsere Produzenten dazugewinnen, z. B. durch Anträge an die Regierung. Durch die Auszahlung von Fairtrade Prämien speziell für den Unterhalt der Kakaoparzellen motivieren wir die Bauern, in die Pflege ihrer Kakaogärten zu investieren und mehr Ertrag zu erzielen. Wir planen den Einsatz einer gemeinsamen Rinderherde, welche dann abwechselnd auf den bestehenden Parzellen grasen kann sowie den Anbau zusätzlicher kommerziell interessanter Nutzpflanzen wie Avocado oder Zapote, damit die Bauern mehrere Ertragsquellen aufbauen können.

Interne Schulung FUNDOPO

Kilian: 2022 war das kakaostärkste Jahr in unserer Geschichte. Die Natur war gut zu uns. Zudem haben viele Kleinbauern FUNDOPO und YACAO ihr Vertrauen geschenkt und uns ihren Kakao geliefert. Diese Menge an Kakao hat uns allerdings auch die Grenzen von YACAO aufgezeigt. Daran müssen wir arbeiten, so dass wir die grösseren Erntemengen problemlos verarbeiten und für den Export bereitstellen können.

Bio Kakao – was sind für euch die Vorteile und Herausforderungen?

Wilder: Wir haben ein internes Kontrollsystem, in welchem unsere ausgebildeten Techniker die Mitglieder regelmässig besuchen. Dieses Kontrollsystem wird wiederum von der Bio Kontrollstelle geprüft und zertifiziert. So wissen wir, dass bei uns keine Pestizide eingesetzt werden. Für die Bauern steht «Bio» primär für den Schutz ihrer eigenen Gesundheit. Und natürlich verdienen sie dank Bio Prämien mehr als mit konventionellem Kakao und sind unabhängiger von den Weltmarktpreisen.

Kontrolle bei den Kleinbauern

Kilian: Beim Kakao-Anbau im Agroforstsystem bietet sich Bio geradezu an. Die Kakaofrucht wird bereits auf dem Feld geschält, die Schale ergibt zusammen mit den Blättern einen wertvollen Humus, so dass weder gedüngt noch gespritzt werden muss. Mein Wunsch wäre es, dass der gesamte Kakaoanbau hier auf Bio umgestellt wird. Bei den Pestizidkontrollen gehen wir weit über die Bio Vorgaben hinaus und prüfen jeden einzelnen Container – vorgegeben wäre jeder zehnte.

Kleinbauer öffnet Kakaofrucht - Schale dient als Humus

Kakao aus Agroforstwirtschaft: Fördert ihr das?

Wilder: Unsere Kakao-Kleinbauern bewirtschaften ihre Kakaoparzellen schon seit jeher ausschliesslich in Agroforstwirtschaft. Bei uns können sie Kakaosetzlinge mit identifizierten Eigenschaften zum Selbstkostenpreis beziehen. Wir planen zudem die Abgabe von Baumsetzlingen, die Schatten spenden und/oder Früchte liefern. «Poco a poco» – das ist ein langsamer Prozess, aber wir bleiben dran.

Sind die Bäuerinnen und Bauern offen für neue Ideen?

Wilder: Viele sind anfänglich skeptisch. Doch wir kennen ihre Sorgen – das hilft. 2023 möchten wir unsere technische Unterstützung ausbauen. In Modellgärten sollen neue Anbaumethoden geschult werden. Wenn die Bauern sehen, dass die Massnahmen wirken und die Kakaoqualität und-menge verbessert wird, sagt das mehr als tausend Worte. Wir richten uns auch bewusst an die jüngere Generation und schulen unsere Mitglieder auf Umweltthemen wie Abfall- und Abwassermanagement, integrierte Schädlingsbekämpfung oder Schutz der Biodiversität

Wie stellt ihr die Rückverfolgbarkeit sicher?

Kilian: Unser 2019 eingeführtes Traceability-System basiert auf Barcodes und kann die verarbeiteten Bohnenchargen den Kakaoproduzenten zuordnen. So können wir Produzent, Menge und Auszahlungen jederzeit nachvollziehen und kontrollieren. YACAO kauft 100% des von FUNDOPO produzierten Kakaos. Um diese Aufgabe kümmern wir uns gemeinsam.

Lückenlose Traceability   Barcode der Kakaobohnen für Rückverfolgbarkeit

Welche Fairtrade Projekte habt ihr kürzlich umgesetzt?

Wilder: Wir haben acht Wasserversorgungssysteme erstellt, die zahlreiche Familien mit fliessend Wasser versorgen. Wir haben Strassen sowie eine Kapelle und sechs Privathäuser für besonders bedürftige Mitglieder gebaut sowie diverse Renovationsarbeiten durchgeführt. Wir übernahmen die Kosten für Material und Handwerker, das jeweilige Mitglied half bei der Arbeit mit. Zudem haben wir für 250 Mitglieder mit geringen Mitteln oder ohne Krankenkasse die Arzt- und Medikamentenkosten übernommen.

Fairtradeprämien Privathaus für Kleinbauer in der Dom. Rep   Fairtradeprämie Aquädukt in der Dom. Rep

Welche Herausforderungen seht ihr im 2023?

Kilian: Zusätzliche temporäre Kontrollmassnahmen der EU haben im zweiten Halbjahr 2022 zu vielen Pestiziduntersuchungen geführt, um die Integrität und hohe Qualität des hiesigen Bio Kakaos zu schützen. Das hat uns stark beansprucht. Dank guter Resultate wurden die Massnahmen jedoch wieder aufgehoben.

Nun können wir uns um die Umsetzung der neuen EU Bio Regelung für Gruppenzertifizierung* kümmern. Diese kam anhin nur in Nicht-EU-Ländern zur Anwendung. Seit Anfang 2021 gelten diese Regeln auch innerhalb der EU. Die Massnahmen haben das Ziel, Kunden in Europa und das EU Bio Label zu schützen. Für uns jedoch bedeuten sie einen deutlichen Mehraufwand, z. B. durch die Überprüfung, ob die Kleinbauern (unserer Partner) nicht zu viel Fläche haben oder einen zu hohen Umsatz erzielen und deshalb nicht mehr Teil der Gruppe sein können. Der Mehraufwand ist in meinen Augen nicht immer verhältnismässig.

(*Anmerkung PRONATEC Redaktion: Hierzu gibt es eine Paneldiskussion mit unserem Experten Christoph Eisenbeiss an der Biofach 2023).

Wilder: Bei FUNDOPO haben wir aus der Vergangenheit gelernt, dass Verantwortung und Entscheidungshoheit auf mehrere Schultern verteilt sein sollten. Unser Ziel ist auch 2023 eine hohe Transparenz gegenüber den Mitgliedern. Die neue Geschäftsleitung, die wir seit 2022 haben, schafft Vertrauen, ein echtes Mitspracherecht für alle macht uns glaubwürdig.

FUNDOPO GV -Transparenz und Mitspracherecht   FUNDOPO GV

Vielen Dank, lieber Kilian und lieber Wilder, für das spannende Gespräch!

Zurück