Im April 2024 knackten die Kakaopreise die 10’000-CHF-Marke und erreichten damit das höchste Niveau seit Beginn der Preisaufzeichnungen. Welche strukturellen Probleme trugen zur Krise bei? Wie stellt PRONATEC die Finanzierung sicher? Und geben wir die hohen Preise auch wirklich an die Kleinbauern weiter?

Jun 26, 2024

Gründe für die Ernteausfälle

Als Ursache der Kakaokrise gelten grosse Ernteausfälle in den Hauptproduktionsländern Westafrikas (Elfenbeinküste und Ghana). Diese gehen zurück auf extreme Wetterbedingungen aufgrund des Klimawandels in den letzten Jahren, wie starke Regenfälle und Trockenperioden, aber auch Krankheiten, und haben die Kakaobestände stark schrumpfen lassen. Nebst dem realen Angebotsdefizit, welches schon zum dritten Jahr in Folge besteht, haben Börsenspekulationen die Preislage weiter verschärft.

Strukturelle Probleme als wichtigste Ursache

Die Krise hat jedoch vor allem auch strukturelle Hintergründe. In den überalterten Kakao-Monokulturen Westafrikas kam es zu einem starken Befall mit Kakaokrankheiten wie dem Swollen-Shoot-Virus und Braunfäule. Während Mischkulturen resistenter sind, fallen Monokulturen deutlich schneller Krankheiten, Schädlingsbefall, Trockenheit oder starken Regenfällen zum Opfer. Viele Parzellen sind in schlechtem Zustand, weil es sich für die dortigen Kleinbauern nicht auszahlt, diese zu pflegen. Da der konventionelle Kakao-Einkaufspreis während vieler Jahre sehr tief war und sogar jetzt in der Krise durch die Elfenbeinküste und Ghana auf tiefem Niveau gehalten wird, fehlt der finanzielle Anreiz für die Pflege der Parzellen gänzlich. (Erst im April dieses Jahres machten die beiden Hauptproduktionsländer Zugeständnisse und hoben die Farm-Gate-Preise leicht an auf rund 2,47 USD per kg – ein Niveau, welches weiterhin weit unter dem effektiven Marktpreis liegt).


«PRONATEC Direct Sourcing stärkt die Bäuerinnen und Bauern in ihrer Rolle als Kleinunternehmer. Weil sie direkt profitieren, lohnt es sich für sie, Setzlinge zu pflanzen, bestehende Bäume zu pflegen und ihre Parzellen gut zu bewirtschaften. So steigern sie die Erträge auf lange Dauer.»

David Yersin, CEO und Inhaber PRONATEC

PRONATEC Direct Sourcing: Kakaobauern profitieren wirklich

PRONATEC bezieht einen Grossteil der Kakaobohnen bei der eigenen Tochtergesellschaft YACAO in der Dominikanischen Republik . Diese kauft der Erzeugergemeinschaft FUNDOPO (Fundación Dominicana de Productores Orgánicos) die gesamte Ernte ab. Unsere Kundinnen und Kunden können sich darauf verlassen, dass wir die hohen Preise direkt an unsere Produzenten weitergeben. Die für uns produzierenden Kleinbäuerinnen und Kleinbauern erhalten drei- bis viermal so viel wie die Kakaobauern in Ghana oder der Elfenbeinküste. Durch unsere Präsenz vor Ort haben wir absolute Transparenz hinsichtlich Rückverfolgbarkeit und Zahlungen an die Kleinbauern.

„Wir freuen uns über die hohen Preise. Das Geschäft macht wieder Sinn und vielleicht findet sich sogar ein Nachfolger, der meine Kakaoparzelle eines Tages weiter bewirtschaften möchte.“

Kleinbauer Dominikanische Republik (Bild vom 5.3.2024)

Finanzierung für alle Beteiligten herausfordernd

Die hohen Preise sind für alle Beteiligten der Kakaowertschöpfungskette eine grosse Herausforderung. Das beginnt bei den Kooperativen, die viel mehr Liquidität brauchen, um den frischen Kakao von den Kleinbauern zu kaufen. Sobald frischer Kakao verfügbar ist, müssen sich die Einkäufer der Kooperative bereithalten – und bereit sein, die aktuellen Preise zu bezahlen. Das Geld muss bar vor Ort vorhanden sein und im Moment der Transaktion «in cash» bezahlt werden. Klar ist: Aufgrund der Knappheit sind deutlich mehr Einkäufer vor Ort. Und: Wer mehr bezahlt, bekommt den Kakao.

Trotz unserer Präsenz vor Ort besteht auch bei uns das Risiko einer Kakao-Knappheit. Die Ernte in der Dominikanischen Republik fällt dieses Jahr eher spät aus und die Exportmengen sind geringer als im Vorjahr. Unser Team gibt jeden Tag sein Bestes, um unsere Kunden zu unterstützen und Lösungen zu finden. Damit wir unter den aktuellen Bedingungen die Verfügbarkeit und Finanzierung sicherstellen können, sind wir auf eine enge Zusammenarbeit mit unseren Kundinnen und Kunden angewiesen.

«Durch unsere Präsenz vor Ort können wir positiv Einfluss nehmen und Aufkäufe durch Konkurrenten reduzieren. Dank der Vorfinanzierung durch viele Kunden sowie Überbrückungsdarlehen gelingt es uns, ausreichend Kapital bereitzustellen.»

Simon Yersin, Leiter Abteilung Kakao

Bio und Fairtrade: eine langfristige Perspektive

Vor dem rapiden Preisanstieg lag der Börsenpreis zwischen 2000 und 3000 USD. In dieser Zeit sicherten die Fairtrade Mindestpreise das Grundeinkommen der Bauern, dazu kamen die Bio und Fairtrade Prämien als wichtiges Zusatzeinkommen. Weil die Preise aktuell auch für konventionell angebaute Bohnen sehr hoch sind, ist der Anreiz für die Kleinbauern gross, auf die Bio und Fairtrade Zertifizierung zu verzichten, weil dies weniger Arbeit und Administration erfordert. Mit unserer Präsenz vor Ort gelingt es uns, im persönlichen Gespräch die langfristigen Vorteile dieser Zertifizierungen für die Bauern selbst, für die Umwelt und für die Konsumenten sichtbar zu machen.

Auch wenn die Weltmarktpreise aktuell deutlich über dem Fairtrade Mindestpreis liegen, lohnt es sich, weiterhin Fairtrade zertifizierte Produkte zu beziehen. Das Label sorgt dafür, dass die Kleinbauern nie auf einen tiefen Mindestpreis unter 2940 USD (Bio und Fair Trade Prämie) zurückfallen. Und die Fairtrade Prämien werden in wirkungsvolle Gemeinschaftsprojekte zur Entwicklung der Region eingesetzt.

Agroforstsysteme: klimaresilient und krankheitsresistent

In der Dominikanischen Republik wird der Kakao in traditionellen Agroforstsystemen angebaut. Diese waldähnlichen Systeme beherbergen eine reiche Biodiversität und können viel besser mit Auswirkungen des Klimawandels wie Starkregen und Dürrephasen umgehen. Sie umfassen nebst internationalen Züchtungen diverse lokale Kakaosorten und sind kaum krankheitsanfällig. In den letzten Jahren gelang es YACAO und FUNDOPO, die Erträge durch Setzlingsverkäufe sowie Schulungen zu Pflege und Schnitt der Kakaobäume deutlich zu steigern. Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP), welches weltweit Projekte für einen nachhaltigeren Kakaoanbau fördert, setzt auf einen vergleichbaren Ansatz des Anbaus in Mischkultur.

Werden die Kakaopreise wieder sinken?

Wir gehen davon aus, dass die Preise aktuell überzeichnet sind und rechnen daher längerfristig mit einer gewissen Entspannung, wenn auch nicht mit einem Rückgang auf das frühere Niveau. Die strukturellen Probleme werden weiterhin bestehen und müssen von der Branche gemeinsam angepackt werden. Auch die Teilnehmer der Wertschöpfungskette, welche nach uns kommen, müssen mehr Geld investieren und die Preiserhöhung an ihre Kunden weitergeben. Längerfristig werden sich die Konsumentinnen und Konsumenten an höhere Preise für kakaohaltige Produkte wie Schokolade oder Kakaopulver gewöhnen müssen (siehe auch Foodnavigator Artikel zu den steigenden Preisen für Schokolade).